Reisebericht Nr. 19

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Tach Fanclub,

zunächst einmal ein paar Worte zu den Bemerkungen bezüglich meines letzten Bildes.

Was heißt hier:" Du hast' dich ja gar nicht verändert!" Habt ihr schon mal versucht, etwas das fast perfekt ist zu verbessern, hä? Es gibt auch hier Frisöre, außerdem hatte ich 2 mal das Glück jemandem mit einem Langhaarschneider in die Finger zu laufen.

Von Quetta in Pakistan aus bin ich in einem Rutsch durch die Wüste bis nach Taftan gerauscht. Unerträglich heiß war es, 54°C! Die Verbindungsstrasse ist aber entgegen aller Nachrichten sehr gut in Schuss. Ich vermute, dass die Iraner hier im letzten halben Jahr gewaltig Hand angelegt haben. Sehr breit, topfeben, glatt und schnell. Bloß die Geschwindigkeitsbrecher sind in ihrer Höhe und Unkenntlichkeit gleich geblieben. Einer hat's mir dann auch gegeben! Vor einem Bahnübergang sind immer zwei dieser Sorte. Den ersten habe ich deutlich gespürt und dem zweiten wollte ich dann geschickt ausweichen. SAND. Mehr brauche ich nicht zu schreiben.

Am Tag darauf überquerte ich dann problemlos die Grenze in den Iran. Lediglich die Lauferei von Pontius zu Pilatus und zurück war etwas nervig. Aber dann:" Endlich wieder auf der richtigen Straßenseite fahren!" Uwe hatte noch gemeint: "Pass bloß auf. Das nimmt man zu sehr auf die leichte Schulter!" Alles Quatsch!!! Das klappte prima. Mittags in Zahedan nahm ich dann den ersten Verkehrskreisel australisch. Das heißt im Uhrzeigersinn. Ups.

Kurz vor Zahedan überholte ich eine Enfield mit einem rosa umwickelten Ersatzreifen. Koen und Krista aus Belgien. Seit dem sind wir zu dritt unterwegs. Krista schaute mich mit ihren blauen Augen an und fragte: „Wollen wir ein Zimmer teilen?“ „Ich teile von mir aus alles mit dir.“ „Ich nicht!!“ meinte Koen dann grinsend. In Zahedan hat mich dann ein aufmerksamer Bürger von meinem Werkzeug befreit. Saukerl! Die große Ratsche mit den Nüssen 14, 22 und 32 hat er mitgehen lassen und die Box wieder verschlossen. Der nächste Kettenwechsel wird also interessant werden. 

In der nächsten Stadt (Bam) wurden wir herzlich von steinewerfenden Kindern empfangen. Mit so was habe ich aber mittlerweile Erfahrung. Einer versuchte mit dem Fahrrad gegen die Fahrtrichtung zu flüchten. Erster Fehler, denn zu Fuß hätte er über die Bewässerungsgräben rechts und links der Fahrbahn springen können. Sein zweiter Fehler war, dass er dachte schneller als ein Motorrad zu sein. Ich versuchte ihm im spitzen Winkel den Weg abzuschneiden. Sein dritter und letzter Fehler war, dass er dachte er könne mein Moped mit dem Fuß einfach wegkicken. 300 Kg gegen ca. 50 Kg. Er hat sich selbst in den Wassergraben katapultiert! Ende der Debatte. Ich bin vor Lachen fast vom Moped gefallen.

In einem Guesthouse in Bam trafen wir zwei weitere Motorradfahrer die Richtung Indien unterwegs sind. Was haben die vor der Hitze gestöhnt! Uns wurde ganz bange vor dem Norden Irans. Letztendlich war es dort aber mit 30 Grad sehr kühl gegenüber Pakistan. Ich glaube die beiden werden dort schmelzen!

Der Iran ist abgesehen von der Regierung (oder deren Mitarbeitern) ein sehr schönes Reiseland. Lediglich an die happigen Eintrittspreise für Touristen kann ich mich nicht gewöhnen. 25 DM wollten sie für den Eintritt in Persepolis! Krista und Koen haben da meine Kamera mitgenommen um Bilder zu machen. So wie sie sagten habe ich ganze drei Bilder aus Persepolis. Eines von Koen wie er etwas fotografiert, eines aus versehen geknippst und ein Nacktfoto von Krista (also ohne Kopftuch in aller Öffentlichkeit).

WITH FRIENDS LIKE YOU, WHO NEEDS ENEMYS??

Zusammen machten wir nette Umwege in kleinere Dörfer. Eines davon werde ich nicht vergessen. Eingefasst von einer 6 Meter hohen Lehmmauer mit Türmen machte es den Eindruck eines alten Forts. Wir wurden eingeladen einen Turm am Eingangstor zu besichtigen. Die Treppen waren so schmal und steil, dass ich meine Fototasche immer auf die Stufen über mir legte und hinterher kletterte. In 5 Meter Höhe war das dann aber keine Stufe sondern ein Loch! Seit dem gibt es keine Bilder mehr mit dem Objektiv 35-80 mm. Alles andere hat den Absturz aber scheinbar überlebt.

Da wir mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten Reisen habe ich des öfteren Wartepausen in größeren Städten. In Salmas musste ich arg lange warten. Ein Autofahrer stoppte neben mir und machte mir mit Händen und Geräuschen klar das 10 Kilometer hinter mir ein anderes Paar auf dem Motorrad sei. "Ja die kenne ich. Ich warte auf sie!" Er machte dann eine Bewegung des Umfallens, Hinkens und schließlich ein Kreuz. Oh elend! Die werden doch keinen Unfall haben. Nix wie zurück.

Ein heulendes und schniefendes Häufchen Elend fand ich dann auf einem Kilometerstein sitzend vor. Krista! Koen legte gerade Hand an einen Autofahrer an. Am Hals!

Kaum zu glauben! Die beiden bewegen sich mit 70 Sachen durch den Iran und werden am helllichten Tag von einem betrunkenen Moslem über den Haufen gerannt! Die Polizei kam und so weiter....!

Zwei Tage konnten wir auf Kosten des Unfallverursachers in Salmas in einem Hotel wohnen und in einer nahegelegenen Werkstatt die Enfield wieder geradebiegen. Zum Glück hatten wir unser Transitvisa in Esfahan verlängern lassen. Sonst wäre es eng geworden. Die Visumverlängerung in Kerman ging nämlich in die Binsen. Womöglich wegen meiner nicht gerade netten Worte. Evi hatte mir zu Hause noch geraten eine breite Rolle Tesa-Krepp mitzunehmen und mir immer den Mund zu versiegeln, damit ich nicht immer alles sage was ich denke. Zu spät!

Die Überquerung der Türkischen Grenze ging auch fast problemlos. Bloß die Wachhunde sind ein Kreuz! Mit einem Gebell wo jeder Knochen im Leib automatisch zusammenzuckt, weil er weiß dass er gleich potentieller Leckerbissen irgendwo vergraben wird, kam so ein Vieh auf mich zugerannt. Scheiße! Mir war Himmelangst! Der Trug seinen Kopf nämlich auf Lenkerhöhe. Vor mir der Schlagbaum. Flucht durch Geschwindigkeit war also unmöglich. Als ich bremste blieb der Köter auch stehen und knurrte nur noch markerschütternd. Direkt neben dem Schlagbaum saß ein Zoll-"Beamter" (Mitglied im Club der ruhenden Hände!) Den habe ich dann höflich in meiner Muttersprache angesprochen: " Heb gefälligst deinen Arsch aus dem Sessel du faule Ratte und ruf den Köter zurück, sonst krachts!" Und siehe da er hatte wirklich die Sensibilität den Sinn meiner Worte folgerichtig zu interpretieren und meinem Wunsch zu entsprechen – mit anderen Worten: er konnte Deutsch! Ei, Ei, Ei. Zum Glück hatten wir alles schon erledigt.

Dann war der Kettenwechsel fällig! Da ich aber noch genügend Gabelschlüssel zur Hand hatte war es nicht so schwer. Bloß beim öffnen der Schrauben des Kettenrades rutschte ich ab und malträtierte mir die rechte Hand an den Sägezähnen. Da war ich dann froh nicht die Ratsche benutzt zu haben. So musste ich nur nach einem Teil suchen das ich vor Wut in die Botanik geschleudert hatte. Zu allem Ärger hatte mir der Yamaha-Dealer in Alice Springs auch noch eine Kette verkauft die 30 cm zu lang war! (Noch besser war allerdings die Tatsache, das sie nach meinem Kürzen zu kurz war!)

Zur Zeit bin ich im Goereme-Tal, morgen geht es weiter zur Küste nach Antalia. Mal so richtig Tourist spielen. Sommer, Sonne, Strand und Meer. Dann werde ich die Heimreise antreten.

Wie ihr seht passiert hier nicht mehr viel. Das wird dann wohl mein letzter Reisebericht für euch gewesen sein. Glaubt aber ja nicht, dass ihr schon alles von dieser Tour wisst. DA ist noch viel Gesprächsstoff für Grillpartys, Kaffeepausen und lange Winterabende vorhanden.

Bis demnächst dann, wahrscheinlich persönlich.

Gruss Waldschrat