Reisebericht Nr. 6

03.12.00, Los Angeles, USA

In Midpine nahe des Yosemite NP bin ich wieder einmal in einer Jugendherberge abgestiegen. Da rundherum Schnee lag, wollte ich einigermaßen warm und trocken untergebracht sein und nur mit leichtem Gepäck den Nationalpark erkunden. Am Morgen war dann der Park nur für Fahrzeuge mit Schneeketten befahrbar. Ganz Klasse wieder einmal die Zeitplanung! Nach endlos vielen Kaffee, die es hier ab der zweiten Tasse wieder free gab, kam dann die Nachricht, dass die Strassen wieder frei wären. Rauf auf den Bock und in den Nationalpark. Nach meiner Karte gab es am Eingang eine Tankstelle. Gut, denn innerhalb der nächsten 100 km sollte schon eine Tankstelle auftauchen. Nach fast achtzig kurvenreichen Kilometern stand ich dann auch an der Zapfsäule. Abgeschlossen und verriegelt bis nach dem Winter! EIEI! Das fängt echt gut an heute!

Ein Ranger sagte mir dann, dass es oben auf dem Pass eine Tankstelle gäbe, die auch geöffnet sei. Allerdings seien für Autos Schneeketten vorgeschrieben. Gut, mein Motorrad ist kein Auto, also brauche ich auch logischerweise keine Schneeketten! Nach einer Stunde war ich dann auch oben! Der Fahrer des Schneepfluges hat nicht schlecht gestaunt! Getankt und „schnell“ wieder runter ins wärmere Tal. Unten gibt es dann einen 60 km langen Rundweg durch den ganzen Park. Als ich dann im Yosemite-Village ankam wurde vor mir die Strasse gesperrt! Es hatte einen Erdrutsch gegeben und die Strasse aus dem Park heraus war verschüttet! (Es gibt Tage da bleibt man besser im Bett!) Da ich ja mit leichtem Gepäck unterwegs war hatte ich auch weder Zelt, Isomatte oder Schlafsack mit dabei. Die Auskunft des Rangers wann die Strasse wieder befahrbar sei, mit dem Hinweis auf die Geländetauglichkeit meines Motorrads (meine verschwieg ich besser), war ziemlich ernüchternd. Vielleicht heute noch, bestimmt aber im Laufe des morgigen Tages. Ich war echt entzückt! Auf dem Rastplatz habe ich dann einen ganzen Reisebus amüsiert. Steht ein Motorradfahrer im Schneetreiben auf dem Rastplatz, packt ganz gemütlich seinen Kocher aus, kocht Kaffee und brät Eier mit Speck! Während sie lediglich im warmen sitzen und warten.

Nach 3 Stunden wurde dann die Einbahnstraßenregelung des Rundweges aufgehoben und man konnte hinter einem Baustellenfahrzeug herfahrend den Park verlassen. Ich war denn echt froh ein warmes Bett zu haben!

In der folgenden Woche bin ich dann bis ans Meer gefahren. Da ist nicht viel passiert was man schreiben könnte. Durch das zunehmend schlechte Wetter war ich aber gezwungen früher nach Süden, nach San Franzisko zu fahren als beabsichtigt. Die Küste ist zwar sehr schön, aber alles ist eingezäunt, Privatbesitz, Betreten verboten, Schusswaffengebrauch usw. Nicht einen Platz zum zelten habe ich gefunden!

Alle Filme die ich nach Deutschland geschickt habe sind glücklicherweise aufgetaucht. Die Trulla vom Postamt hatte sie per surface&ship verschickt aber air-mail kassiert. Egal, Hauptsache sie sind da. Zur Zeit 18 x 36 Bilder aus Nordamerika. Und einem Verlust habe ich zu melden. Seit gestern ist mein Zelt weg! Irgend jemand aus der Jugendherberge hat es sich unter den Nagel gerissen! Saubande! Ich hoffe er verwechselt das Kettenfett mit Rasierschaum oder Mundspray und ich wünsche ihm drei Wochen Dünnschiss und kein Blatt Papier!

Als ich den Verlust meldete lernte ich die Jugendherbergsmannschaft ganz neu kennen! Da wird einem nicht geholfen! Der Leiter (oder der Arsch) ging mit mir auf mein Zimmer und warf sich persönlich auf den Boden um unter den Betten nachzusehen. So schlau war ich schon gewesen. Danach wollte er meine Quittung für das Zimmer sehen und machte mich dumm von der Seite an: „Das ist gar nicht mehr gültig!“ Da bin ich ihm fast an die Gurgel. Zum Schluss wollte er mich anzeigen, weil ich ohne sein wissen brennbares Material im Zimmer gelagert hätte. Ich hab´ die Schnauze von den USA echt voll!

Ein Mitarbeiter aus der JH bemerkte, dass mein Moped nicht mehr draußen stehe und fragte mich ob es denn auch geklaut worden wäre? Ich erklärte ihm, dass es gerade von einer Firma von Los Angeles nach Sydney verschifft wird. Da schaut er mich ganz verduzt an und fragt mich: „Why don´t you drive up there?“

Es wird Zeit das ich wegkomme bevor ich genau so werde!

Bis demnächst dann

Waldschrat