17.10.00, Cortez, Colorado, USA

Hallo Leute, mittlerweile bin ich anscheinend dem Winter erfolgreich entkommen. Ich bin hier in Cortez in Colorado, bei Mesa Verde, bei 22 °C.

Aber bis hierher war es ein harter Ritt! Seit der letzten eMail von Thunderbay, Kanada bin ich fast 6000 km durch die USA gereist. Teilweise sehr schön, manchmal auch langweilig. Die Einfuhr in die USA war leichter als gedacht. Ein Zöllner checkte meine Papiere, der Andere zusammen mit mir meine Maschine. Er meinte trocken: „Well, once it was a Yamaha, now it seems to be a beast. How long has it taken you over the Atlantic? It can swim, or not?“ 

Das war’s. Drin war ich. Ganz ohne Carnet de Passage. Die erste Nacht hier werde ich nie vergessen. Ich campte auf dem Feld eines Farmers und der Enkelsohn palaverte mit mir fast die halbe Nacht. Irgendwann drückte der Kaffee dann nach draußen. Ich war überwältigt! Zunächst zogen tausende Wildgänse nach Süden, aber das Schärfste war das Polarlicht über den ganzen Himmel! Fahlgrün, und bewegt hat sich’s. Ich hab’s fotografiert und fast eine Stunde nur in Unterwäsche bei Frost neben dem Motorrad gestanden!

Die weitere Reise war unproblematisch. Ich hatte zeitweise solch einen Seitenwind, dass ich mit 60° Neigung daherkam! Einmal drehte der Highway in den Wind und ich hatte bei 80 km/h noch Gegenwind!

 Ein paar Motorradfahrer kamen in North Dakota in eine Imbissbude gestürzt und wollten wissen wem das „Beast“ da draußen gehört. O Gott, die haben es doch nicht etwa zusammengefahren? Nein hatten sie nicht. Sie wollten mich einladen zu sich. Zwei Tage später war ich dann dort. Ich fragte ob irgendwo mein Zelt aufbauen könnte. „Klar, wenn Du unbedingt willst. Pass aber auf die Kakteen auf“ „Auf was???“ „Auf die Kakteen, die sind hier häufiger als die Klapperschlangen!“ WAAAS? Schlapperklangen? Wo kommen die denn auf einmal her?“ Dann bekam ich erklärt, das der Missouri die natürliche Grenze des Verbreitungsgebietes dieses Gezüchtes ist! Nun gut, bisher ist mir kein solches Vieh begegnet.

Aber Bisons! Im Nationalpark meinte ein Ranger ich solle bloß aufpassen und mit meinem Beast keins überfahren. Scherzkeks!   20 km weiter habe ich dann, als ich um eine Linkskurve fuhr ein Junges erschreckt. Der Papa und sein bester Freund nahmen dies zum Anlass mich zu jagen. Ich kann euch sage, das ist ein Scheißgefühl! Vor allem, weil das eine Sackgasse war und ich irgendwann ja wieder zurück musste! Bei meinem ersten Schwarzbären ist dann auch die XT erschrocken und ausgegangen! 5 Meter daneben! Nicht gerade ein besseres Gefühl.

Letzte Woche war ich noch in den Rockys, im Yellowstone NP. Nachdem aber in einer Nacht 10 cm Schnee gefallen waren und liegengeblieben sind, habe ich meinen Zeitplan rituell verbrannt und bin direkt zum Grand Canyon gefahren.

Sorry, jetzt muss ich Schluss machen. Die Zeit drängt.

Gruß Waldschrat